Island, das Land aus Feuer und Eis, hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung durchgemacht. Als der Vulkan Eyjafjallajökull 2010 ausbrach und seine Aschewolke den Flugverkehr über Europa lahmlegte, rückte die Atlantikinsel für viele Menschen das erste Mal in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die Fußball-Europameisterschaft 2016 tat ihr Übriges und brachte den Isländern zudem viele Sympathiepunkte ein.

Neun Jahre nach dem Vulkanausbruch machen in den Medien immer mehr Berichte über einen „Übertourismus“ (engl. Overtourism) die Runde, die jedoch nicht ganz die Realität widerspiegeln. Dazu werfen wir mal einen Blick auf die Zahlen: Im Jahr 2017 zählte Island rund 2,2 Millionen internationale Besucher. Im Vergleich dazu kam Deutschland auf rund 37,5 Millionen Ankünfte internationaler Gäste. Deutschland ist bezogen auf die Gesamtfläche rund 3,5 Mal so groß wie Island, empfing 2017 aber rund 17 Mal so viele Gäste aus anderen Nationen. Spricht man hierzulande von Overtourism? Eher nicht, und wenn, dann nur in wenigen Regionen. Bevor man also denkt: „Island? Da werde ich nicht hinfahren, da ist bereits alles überlaufen!“, sollte man sich ebenso die aktuelle Entwicklung ansehen. Derzeit sinken die Besucherzahlen, so kamen im Januar 2019 rund 5% weniger Gäste ins Land im Vergleich zum Vorjahr.

Abgesehen davon brachte das Besucherwachstum viele positive Veränderungen mit sich. Beispielsweise wurde die Aussichtsplattform am bekannten Gullfoss Wasserfall erweitert, sodass sich die Besucherströme besser verteilen und eine gute Sicht auf den Wasserfall gegeben ist. Neue Attraktionen, wie z. B. das Lava Center in Hvolvöllur, eine Lava-Show und ein Shopping-Center in Vik, Bootsfahrten auf dem See Fjallárlón sowie neue Hotels im 4-Sterne Segment bereichern nun das Angebot. Zudem bringen neue Restaurants frischen Wind in den Speiseplan der Einheimischen und Gäste. Abgesehen davon öffnen viele Hotels auch im Winter ihre Pforten, was vor wenigen Jahren nahezu undenkbar war.

Darüber hinaus können sich Besucher nun über eine bessere Infrastruktur an vielen Sehenswürdigkeiten freuen, an denen auch neue Toiletten im ganzen Land gebaut wurden, wie z. B. am Wasserfall Seljalandsfoss. Zudem werden zahlreiche neugeschaffene Parkmöglichkeiten dem gesteigerten Besucheraufkommen gerecht.

Ja, es gab einen Besucheranstieg in den letzten Jahren, und ja, in der Hauptsaison zwischen Mai und September kann es an den bekanntesten Sehenswürdigkeiten wie dem Gebiet der Geysire schon mal voll werden. Doch reicht es dabei oft schon, die weniger frequentierten Zeiten zum Besuch zu nutzen, und z. B. früh am Morgen oder am Abend hinzufahren. Mit einem Mietwagen ist man dabei am unabhängigsten.

Grundsätzlich stehen Isländern dem Tourismuswachstum positiv gegenüber, nicht nur weil sie sich der wirtschaftlichen Bedeutung bewusst sind. Rund ein Drittel aller Arbeitsplätze sind vom Tourismus abhängig. Das Land wurde sicherlich von der plötzlichen Aufmerksamkeit in den letzten Jahren überrascht. Dennoch haben sich die Isländer als vorbildliche Gastgeber bewährt und sind stolz darauf, Besuchern ihre Insel im Nordatlantik zu zeigen.

Um es aus unserer Sicht zusammen zu fassen: Internationale Besucher werden in Island willkommen geheißen, auch wenn es hier und da mal etwas geschäftiger zugehen kann (wie auch an vielen anderen Orten der Welt). Davon, dass die Insel „überlaufen wäre, kann man jedoch nicht sprechen. Schließlich schätzen Isländer die neu gewonnene Aufmerksamkeit, die ihrer Heimat zuteilwird, solange Gäste die empfindliche Natur respektieren.